Meine Vermieterin möchte den Mietzins für meine Wohnung erhöhen, nachdem der Referenzzinssatz gestiegen ist. – Kann ich mich dagegen wehren?
Darum geht’s
Per 1. Juni 2023 hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) eine Erhöhung des Referenzzinssatzes für Hypotheken von 1.25% auf 1.5 % bekannt gegeben. Dies ermöglicht den Vermieterinnen und Vermietern grundsätzlich die Mietzinsen um 3% zu erhöhen. Weiter können Vermieterinnen und Vermieter die angestiegene Teuerung im Umfang von 40% auf die Mieterschaft überwälzen.
Steigt meine Miete nun automatisch an?
Nein. Vermieterinnen und Vermieter können frei entscheiden, ob sie die Erhöhung geltend machen wollen. Entscheiden sie sich dafür, müssen sie dir die Erhöhung des Mietzinses schriftlich auf einem amtlich genehmigten Formular mitteilen.
Ich habe eine Erhöhungsanzeige erhalten – was kann ich tun?
Zunächst stellt sich diese Frage, ob du die Mietzinserhöhung anfechten sollst oder nicht. Die folgenden Punkte können dir bei der Entscheidung helfen:
- Wenn du mit der Erhöhung nicht einverstanden bist, musst du selbst aktiv werden. Eine staatliche Überprüfung von (missbräuchlichen) Mietzinsen gibt es nicht.
- Wehrt sich eine Partei in einem Miethaus erfolgreich gegen die Erhöhung, so darf nur diese Partei den tieferen Mietzins bezahlen. Alle anderen Mietparteien im Haus, die sich nicht selbst zur Wehr setzten, zahlen den erhöhten Mietpreis, auch wenn sie gleichermassen betroffen sind. Es ist jedoch empfehlenswert, dass du dich mit deinen Nachbarinnen und Nachbarn absprichst und sich mehrere Mietparteien gegen die Erhöhung wehren, da dies die Chancen auf eine Einigung mit eurer Vermieterschaft erhöht.
- Deine Miete darf nur angehoben werden, wenn deine Vermieterin bzw. dein Vermieter frühere Senkungen des Referenzzinssatzes auch an dich weitergegeben hat (der Referenzzinssatz ist in den letzten Jahren stetig gesunken). Schaue dazu am besten in deinem Mietvertrag nach. Ist dort der Referenzzinssatz noch mit 1.5% (oder höher) angegeben und hast du nie eine Senkung erhalten, darf gestützt auf die Änderung des Referenzzinssatzes auch keine Erhöhung des Mietzinses erfolgen.
- Wenn du die Erhöhung nicht anfechtest, werden allfällige spätere Mietzinserhöhungen auf dem nun erhöhten Mietzins basieren.
- Deine Chancen, dich erfolgreich gegen die Erhöhung zu wehren, sind grösser, wenn die Liegenschaft, in der du wohnst, weniger als 30 Jahre derselben Vermieter- oder Eigentümerschaft gehört. Viele Kantone bieten unterdessen gratis online Plattformen an, die Auskunft darüber geben, wem die Liegenschaft gehört und wie lange die Liegenschaft schon im Eigentum dieser Person steht. Bei Fragen zu den Eigentumsverhältnissen, wendest du dich am besten an das Grundbuchamt deines Kantons.
Du entscheidest dich für die Anfechtung. Wie du am besten vorgehst:
Wo anfechten?
Wenn du mit der Mietzinserhöhung nicht einverstanden bist, musst du dich an die Schlichtungsbehörde für Mietangelegenheiten wenden. Die für deine Wohngemeinde zuständige Schlichtungsbehörde findest du auf der Webseite der mietrechtspraxis (externer Link).
Wichtig: Eine blosse Einsprache gegen die Erhöhung bei deiner Vermieterin bzw. deinem Vermieter reicht nicht. Um dich rechtswirksam gegen die Erhöhung zu wehren, musst du zwingend an die Schlichtungsbehörde gelangen.
Wie anfechten?
Die Anfechtung musst du schriftlich (und aus Beweisgründen am besten mit eingeschriebener Post) an die zuständige Schlichtungsbehörde senden.
Alle Personen, die den Mietvertrag für die Wohnung unterschrieben haben, müssen die Anfechtung unterschreiben. Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner und eingetragene Partnerinnen bzw. Partner, die den Mietvertrag nicht selbst unterschrieben haben, müssen die Anfechtung ebenfalls mitunterschreiben.
Innerhalb welcher Frist muss angefochten werden?
Die Anfechtung muss innerhalb von 30 Tagen erfolgen. Die Frist wird wie folgt berechnet:
- Als erster Tag der Frist gilt der Tag nach der Zustellung der Erhöhung. Die Erhöhung gilt als zugestellt, wenn du sie tatsächlich in Empfang nimmst. Solltest du nicht zu Hause sein, weshalb dir der Brief nicht zugestellt werden kann, dann gilt als Zustellungsdatum die tatsächliche Abholung am Postschalter. Weiter ist die sog. Zustellfiktion zu beachten, bei welcher der Brief nach der 7-tägigen Abholfrist bei der Post als zugestellt gilt. Wenn du die Erhöhung also nicht bei der Post abholst, beginnt die 30-tägige Frist trotzdem zu laufen.
- Die 30-tätige Frist gilt als gewahrt, wenn du deine Anfechtung am 30. Tag der Frist an die schweizerische Post übergibst. Entscheidend ist der Poststempel. Wenn du die Einsprache in einen Postbriefkasten am letzten Tag der Frist einwirfst, achte darauf, dass der Briefkasten an diesem Tag noch geleert wird.
Was passiert, nachdem ich meine Anfechtung bei der Schlichtungsbehörde eingereicht habe?
Die Schlichtungsbehörde wird dich sowie die Vermieterschaft zu einer Schlichtungsverhandlung vorladen. Aufgabe der Schlichtungsbehörde ist es – wie es ihr Name schon sagt – zwischen den Streitparteien zu schlichten, also eine einvernehmliche Lösung zwischen dir und deiner Vermieterschaft zu suchen.
Ist eine Einigung nicht möglich, stellt die Schlichtungsbehörde deiner Vermieterin bzw. deinem Vermieter die sog. Klagebewilligung aus. Mit dieser kann deine Vermieterin bzw. dein Vermieter die Erhöhung vor Gericht erstreiten. Alternativ hat die Schlichtungsbehörde die Möglichkeit, den Parteien einen sog. Urteilsvorschlag zu unterbreiten. Dieser gilt als Angebot für eine einvernehmliche Lösung. Der Urteilsvorschlag wandelt sich in ein rechtskräftiges Urteil um, sofern keine der beiden Streitparteien innert 20 Tagen den Urteilsvorschlag ablehnt. Lehnt eine Partei den Urteilsvorschlag ab, erhält die ablehnende Partei die Klagebewilligung, mit welcher Sie an das Gericht gelangen kann.
Kostet mich das Schlichtungsverfahren etwas?
Nein. In mietrechtlichen Streitigkeiten ist das Schlichtungsverfahren gratis. In den allermeisten Fällen musst du auch keinen Anwalt oder Anwältin beauftragen. Gut vorbereitet, kannst du auch sehr gut alleine an die Schlichtungsverhandlung gehen.
Du bist unsicher, ob sich eine Anfechtung für dich lohnt? Du wünschst dir professionelle Unterstützung bei der Anfechtung? Komm zu YLEX, wir helfen dir gerne!