Den Aktionär trifft einzig die Pflicht, den Ausgabebetrag der von ihm gezeichneten Aktien zu bezahlen. Dies stellt in gewissen Situationen für die betroffenen Gesellschaft und den Aktionärskreis ein Problem dar. Weder Gesetz noch die Statuten der jeweiligen Aktiengesellschaft (AG) dürfen einem Aktionär weitere Leistungspflichten auferlegen. Um wichtige Aktionäre dennoch an die Gesellschaft zu binden und unerwünschte Aktienverkäufe zu vermeiden, werden in der Praxis häufig Aktionärsbindungsverträge (ABV) zwischen den jeweiligen Aktionären abgeschlossen.
Anders als bspw. bei der Kollektivgesellschaft geht es bei Aktiengesellschaften (AG) nicht um die persönliche Beziehung zur Gesellschaft, sondern um die Gewinnstrebigkeit der Unternehmenstätigkeit (klassisch für Kapitalgesellschaften). Aufgrund dieser kapitalorientierten Zweckbestimmung besteht die einzige Pflicht des Aktionärs in der Bezahlung des Ausgabebetrags der gezeichneten Aktien. So dürfen dem Aktionär grundsätzlich weder durch Gesetz noch durch Statuten weitere Leistungspflichten auferlegt werden. Faktisch bildet jedoch die verschärfte Meldepflicht für Mehrheitsaktionäre eine Ausnahme davon. In der Praxis weit verbreitet sind ausserdem sog. Aktionärsbindungsverträge (ABV), um den Gesellschaftern zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen und diese mehr an die AG zu binden.
Der ABV stellt einen privatrechtlichen Vertrag dar, welcher nicht gesetzlich geregelt ist. Klassischerweise bezwecken ABV die stärkere Bindung des Aktionärs an die Gesellschaft. Typischerweise regelt ein ABV das Verhältnis zwischen den Aktionären und der Gesellschaft (Konkurrenzverbot, Treuepflicht, Geheimhaltungspflicht etc.) sowie die Übertragung von Aktien (Vorkaufs- und Kaufrecht, Mitverkaufsrecht, Mitverkaufspflicht etc.). Zudem sind Präzisierungen hinsichtlich der Finanzierung der Gesellschaft (Aktionärsdarlehen, Dividendenpolitik etc.) und der Gesellschaftsführung (Beschlussfassungsquoren, Stimmrechtsbindung etc.) typisch. Insbesondere bei Startups sieht der ABV klassischerweise auch eine Exit-Regelung vor. Wer die Bestimmungen des ABV verletzt, sieht sich oft mit hohen Konventionalstrafen konfrontiert.
Häufig ergeben sich Probleme bei der Einordnung des ABV mit anderen Regelungswerken der jeweiligen Gesellschaft. Zu denken ist dabei, dass die Statuten über das Handelsregister einsehbar sind und Dritten entgegengehalten werden können und deshalb den Bestimmungen des ABV vorgehen. So hat der ABV nur Wirkung zwischen den jeweiligen Aktionären – dies kann zur Folge haben, dass ein Aktionär entgegen seiner Verpflichtung im ABV an einer Generalversammlung über ein Geschäft abstimmt und dieses dennoch gültig ist. Die anderen Aktionäre könnten jedoch aufgrund des ABV klagen und – falls vereinbart – die Leistung vertraglichen Konventionalstrafe verlangen.
Da Aktiengesellschaft grundsätzlich für unbestimmte Zeit gegründet werden, würde es Sinn machen, auch für den jeweiligen ABV keine Laufzeit vorzusehen. Solche «ewigen Verträge» sind jedoch unzulässig, da sie das Verbot der übermässigen Bindung verletzen. Aus diesem Grund werden ABV in der Praxis oft für eine anfängliche Laufzeit von zehn bis fünfzehn Jahren abgeschlossen, wobei das Recht zur Verlängerung vorbehalten wird, sofern keine Kündigung erfolgt. Damit ein ABV sämtliche relevanten Punkte abdeckt und für alle Beteiligten eine zweckmässige Lösung darstellt, sollte der auf die Bedürfnisse des betreffenden Unternehmens zugeschnitten sein. Entsprechend sollte auf die Verwendung irgendwelcher Muster verzichtet und Rat bei einer juristischen Fachperson eingeholt werden.